Analog ist nur die halbe Welt. Virtual (VR), Augmented (AR) und Mixed Reality (MR) liegen zurzeit im Trend und aufsehenerregende Meldungen aus den globalen Technologieschmieden und Entwicklungslaboren versprechen laufend außergewöhnliche Neuerungen. Sowohl Industrie als auch Forschung beschäftigen sich verstärkt mit diesen Technologien, umso mehr sind auch Kreativschaffende gefragt, das Spektrum des derzeit Verfügbaren auszuloten und für ihre Arbeit neu zu interpretieren.

 

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Presentation of an immersive installation by OMAi at the Ars Electronica 2017

 

Technologie und Kreativwirtschaft — Gegenseitige Impulse

Kreativität und Technologie treiben sich gegenseitig an.Diese Wechselwirkungen sind impulsgebend für Designprozesse sowie für Produktinnovationen. Dort, wo kreative Inhalte neuartig vermittelt werden und technologische Dienstleistungen die kreativen Produkte um eine virtuelle Dimension bereichern, entsteht innovativer Mehrwert.

 

Es geht um immersive Erlebnisse mit Impact. Doch um zu erklären, was ein gelungenes Erlebnis ist, müssen wir zuerst klären, wann Menschen ein Erlebnis wirklich packt. Das ist meist dann der Fall, wenn sie an einem bestimmten Touchpoint etwas Unerwartetes, etwas Aufregendes erleben.

 

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XR Base is an European VR/AR network of content creators. Pic by Ersin Cilesiz

 

VR, AR und MR schaffen neue Erfahrungsebenen und haben das Potenzial, unerwartete Blickwinkel zu öffnen. Co-Kreation sowie inter- und transdisziplinäre Verständigung — auch mit Nicht-Expertinnen und -Experten — werden dadurch leichter möglich. Im kreativen Gestaltungsprozess werden die neuen digitalen Werkzeuge für Prototyping und Produktdesign an unterschiedlichen Stellen eingesetzt. Neue Möglichkeiten der Vermarktung und des Customizing entstehen, beispielsweise mit virtuellen Showrooms oder VR-Produktkonfiguratoren. Wie sich eine Gesellschaft innovative Technologien erschließt und wie gesellschaftliche Praxis entsteht, ist das Ergebnis vielfältiger Aneignung und Erprobung. Sieht man die Kreativwirtschaft als Treiberin und Impulsgeberin, lässt sich der Mehrwert sehr weit denken. Fast wie eine Art Empathie-Motor, der einen Perspektivenwechsel, eine Beschäftigung mit dem Fremden und damit auch Emotion fördert, kann Kreativität in Verbindung mit digitalen Realitäten nicht nur gesellschaftlich, sondern auch individuell bereichernd wirken. Für das einzelne Kreativunternehmen birgt die Beschäftigung mit den neuen digitalen Realitäten jedenfalls große Möglichkeiten. Mit dem kürzlich veröffentlichten White Paper „Digitale Realitäten“ stellt sich die Wirtschaftsagentur Wien den Fragen, welche Rolle Virtual und Augmented Reality in der Kreativwirtschaft derzeit einnehmen und wohin sich diese Technologien weiterentwickeln.

 

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Picture from Depart’s VR-Installation Lacuna Shifts

 

Mit dem Förderwettbewerb „Digitale Realitäten“ werden die Einsatzmöglichkeiten von VR, AR und MR für kreatives Schaffen adressiert. Die Wirtschaftsagentur Wien versteht sich dabei als Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen. Disziplingrenzen sollen überwunden und Qualitäten durch Crossover-Konstellationen befördert werden.

 

Neben großem Enthusiasmus in Bezug auf VR, AR und MR einerseits existiert durchaus auch Zurückhaltung andernorts. Seien es die Grenzen der physischen Bewegung und körperlichen Wahrnehmung, die bei einer virtuellen Erfahrung zum Tragen kommen, sei es mangels Vertrauen in diese neuen Welten oder die Hürde der fehlenden Vergemeinschaftung — denn zumindest momentan bleibt das Individuum (meist noch) mit seiner Erfahrung alleine in der digitalen Realität: Diese Punkte sind wesentlich und müssen bearbeitet werden, um Entwicklungen voranzutreiben. Auch Verhaltenskodex und Regeln, also zentrale ethische Fragen, oder der Bruch zwischen der digitalen und der realen Wahrnehmung sind Themen, die der gesellschaftlichen, kreativen und technologischen Auseinandersetzung bedürfen.

 

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WEARETHEFACES presented their clothing collection in a VR fashion exhibition

 

Mit dem ausgerufenen Förderwettbewerb „Digitale Realitäten“ will die Wirtschaftsagentur Wien Unternehmen aus allen Bereichen der Kreativwirtschaft dabei unterstützen, ihre Vorhaben in Bezug auf VR, AR und MR umzusetzen, und somit in Wien bestehende Potenziale heben. Das White Paper zum Fördercall soll Kreativschaffende nicht zuletzt auch dazu inspirieren, sich mit diesen neuen Technologien auseinanderzusetzen und diese in ihrer Arbeit einzusetzen. Denn ihre gestalterischen Leistungen und Inhalte sind für den Erfolg des Mediums entscheidend. Mehr über die Anwendungsmöglichkeiten, Herausforderungen und Chancen des Einsatzes immersiver Realitäten in der Kreativwirtschaft kann man beim Symposium „Digitale Realitäten“ am 25. April im MAK erfahren.

 

Legende

 

Als virtuelle Realität (VR) wird die Darstellung und gleichzeitige Wahrnehmung der Wirklichkeit und ihrer physikalischen Eigenschaften in einer in Echtzeit computergenerierten, interaktiven virtuellen Umgebung bezeichnet.

 

Mixed Reality (MR) beschreibt Umgebungen oder Systeme, die die natürliche Wahrnehmung mit einer künstlichen (computererzeugten) Wahrnehmung vermischen.

 

Die Augmented Reality (AR) oder erweiterte Realität ist jener Aspekt der Mixed Reality, in dem Wirklichkeit um virtuelle Informationen angereichert wird.